Diakonie Mark-Ruhr
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Immer mehr Frauen suchen Schutz bei Beratungsstelle für Menschenhandel in Hagen


Hagen. Die spezialisierte Fachberatungsstelle für Opfer von Menschenhandel der Diakonie Mark Ruhr nimmt den Europäischen Tag gegen Menschenhandel (18. Oktober) zum Anlass, auf die Situation der betroffenen Frauen aufmerksam machen.

„Menschenhandel ist ein Verbrechen. Es ist sexualisierte Gewalt zumeist an Frauen und Mädchen und ein Straftatbestand im Sinne des Strafgesetzbuches“, stellt Margarete Kummer von der Beratungsstelle klar. „Opfer von Menschenhandel sind auch bei uns in Hagen in erster Linie Frauen und Mädchen aus Ost- und Südeuropa, aber auch aus Afrika, Asien und Lateinamerika. Sie werden mit falschen Versprechungen auf Arbeit oder Ehe nach Deutschland gelockt. Sie können die deutsche Sprache nicht und sind damit im fremden Land hilflos. Im Bewusstsein, die Existenz ihrer Familien in den Herkunftsländern zu unterstützen, werden sie in Deutschland mit erheblichen psychischen Druck und physischer Gewalt zur Prostitution gezwungen oder daran gehindert, aus der Prostitution auszusteigen. Sie werden in Bordelle, bordellähnliche Einrichtungen, Wohnungen oder auf den Straßenstrich gebracht.“

Menschenhandel ist ein „lukratives Geschäft“ für die Täter. Dies verdeutlichen die Zahlen, die der spezialisierten Beratungsstelle der Diakonie Mark-Ruhr vorliegen. Während 2018 bereist 37 Frauen mit 27 Kindern Schutz und Beratung bei den Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle in Hagen bekommen haben, waren es in diesem Jahr in dem Zeitraum vom Januar bis Oktober 2019 schon 61 Frauen mit insgesamt 37 Kindern! „Darunter waren auch minderjährige Mädchen die Opfer der Lover Boy-Masche wurden“, so Margarete Kummer.

Menschenhandel ist eine schwere Menschenrechtsverletzung; für die Verurteilung der Täter werden Zeuginnen benötigt. „Eine Aussage bedeutet für die von Menschenhandel betroffene Frau, dass sie sowohl dem Druck und der möglichen Gewalt durch den Täter gegen ihre eigene Person als auch gegen ihre Familien in den Herkunftsländern standhalten müssen. Aus diesem Grund sind nur wenige Frauen bereit eine Straffanzeige zu stellen.“
 
Fachdienstleitung Heike Spielmann stellt fest: „In den Fällen in denen es zu anschließenden Strafprozessen kommt, werden die Frauen einer enormen psychischen Belastung ausgesetzt. Nicht nur die Tatsache dem Täter erneut begegnen zu müssen ist sehr belastend, sondern auch die Länge der Strafprozesse. Erst vor einigen Tagen ist ein Strafprozess gegen Menschenhändler zu Ende gegangen. Dieser dauerte 22 Monate. In dieser Zeit müssten die Opferzeuginnen immer wieder psychologisch betreut und stabilisiert werden. Diese Situation ist nicht nur für die betroffenen Frauen, sondern für die Mitarbeiterinnen unserer Beratungsstelle eine Herausforderung.“

Um auch weiterhin erfolgreich Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, helfen zu können ist aus Sicht der Diakonie Mark-Ruhr folgendes notwendig:

  • Entkriminalisierung von Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind. Dies schließt ein, dass Frauen nicht als Täterinnen behandelt werden, weil sie gegen das Aufenthaltsgesetz verstoßen haben.
  • Gewährleistung eines gesicherten Aufenthaltstitels für Betroffene von Menschenhandel, unabhängig von ihrer Kooperationsbereitschaft mit den Ermittlungsbehörden und ihrer Zeuginnen-Eigenschaft, auch nach Abschluss des Verfahrens.
  • Zeugnisverweigerungsrecht für Beraterinnen von Opfern von Menschenhandel (Erweiterung des § 53 StPO: Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen).