Kindertagesstätten: Kirchliche Träger bitten um Hilfe
Iserlohn. Der NRW-Landtagsabgeordnete Thorsten Schick (CDU) traf sich mit Vertreter:innen von 106 Kindertageseinrichtungen in der Region für einen offenen Austausch. Mit am Tisch saßen auch Fabian Tigges (Geschäftsleitung Kitas im Diakonischen Werk im Ev. Kirchenkreis Iserlohn) und Fachberaterin Janina Ruiz von der Diakonie Mark-Ruhr. Fabian Tigges betonte unter anderem die Bedeutung des Zusammenspiels von Kirche und Diakonie für die pädagogische Arbeit in den Einrichtungen vor Ort.
Schick war am Montag, 23. Juni, zu Gast im Haus des Kirchenkreises in Iserlohn, um mit Vertretern der Kindertageseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft über die großen Herausforderungen in diesem wichtigen Arbeitsbereich zu sprechen. Superintendent Oliver Günther vom Ev. Kirchenkreis Iserlohn hatte zu dem Treffen geladen, weil die kirchlichen Träger zunehmend unter Druck stehen. „Kinder sind unsere Zukunft, aber auch Teil unserer Gegenwart“, stellte der Superintendent klar. Die Probleme dürfen nicht an die Kinder und Familien weitergegeben werden, doch aus Sicht der kirchlichen Träger gehe es bald nicht mehr um die Frage „ob wir wollen, sondern ob wir können“, so Günther.
Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Düsseldorfer Landtag saß mit Vertretern von 106 Kitas in der Region am Tisch – die Katholischen Kindertageseinrichtungen Ruhr Mark mit 71 Kitas, der Trägerverbund des Evangelischen Kirchenkreises Iserlohn mit 23 Einrichtungen und die Diakonie Mark-Ruhr mit zwölf Kitas. Das zentrale Thema des Gesprächs war dabei das Kinderbildungsgesetz (KiBiz), das die Grundlage für die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen liefert und das, nach einhelliger Meinung der Verantwortlichen, nicht auskömmlich ist. Eine Revision dieses 2008 eingeführten Gesetzes ist in Arbeit, wurde jedoch bisher immer verschoben. Der gemeinsame Wunsch der kirchlichen Träger an Thorsten Schick ist, dass möglichst bald ein neuer Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht wird, dieser vor allem aber die Weiterführung der Kindertageseinrichtungen mit hohen Qualitätsansprüchen ermöglicht.
Kitas stehen vor zahlreichen Problemen
Zurzeit müsse oft mit der Mindestbesetzung gearbeitet werden, bemängelte Martina Kuhlmann, pädagogische Fachbereichsleitung der Katholischen Kindertageseinrichtungen Ruhr-Mark. Das sei zum einen suboptimal für die Betreuung der Kinder und setze unter anderem das Personal unter Druck. Sie befürchtet, dass so auf Dauer weitere Fachkräfte verloren gehen, an denen es ohnehin mangelt. Die kirchlichen Träger zahlen mit 10,3 Prozent einen hohen Trägeranteil, was zu einem großen Defizit führe.
Fabian Tigges, Geschäftsleiter Kitas des Diakonisches Werk im Ev. Kirchenkreis Iserlohn, äußerte die Sorge, dass das christliche Profil aus der Trägerlandschaft verschwinden könnte. Dieses sei aber ein Qualitätsmerkmal, unter anderem weil die örtlichen Gemeinden die pädagogische Arbeit unterstützen. Außerdem bieten die kirchlichen Träger den Arbeitnehmern gute Tarifverträge, im Unterschied zu vielen anderen Trägern. Er forderte, den Blick auch nach Berlin zu richten und auf Bundesebene eine Entlastung für die Träger zu erreichen. Er hatte außerdem eine weitere konkrete Bitte an Schick: Das Programm Alltagshelfer/Kita-Helfer ist derzeit bis 2026 ausgelegt und solle unbedingt weiterlaufen.
Carsten Schmidt, Geschäftsführer des Trägerverbundes des Evangelischen Kirchenkreises Iserlohn, ergänzte, dass nach dem pauschalisierten System vor allem kleinere, zweigruppige Kitas unterfinanziert seien – die aber in ländlichen Regionen unbedingt nötig sind. „Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, was wir wollen“, so Schmidt.
Johanna Schäfer, Fachberatung des Evangelischen Trägerverbundes Iserlohn, hob die Bedeutung einer ausreichenden Finanzierung aus pädagogischer Sicht hervor. Durch die diverser werdende Gesellschaft und häufiger auftretende Krankheitsbilder werde die Aufgabe immer schwieriger, die Kinder mündig zu machen und zukunftsfähig aus den Kitas zu entlassen. Jede Unterfinanzierung gehe dabei auf Kosten der Kinder.
Ein weiterer Aspekt, den die Verantwortlichen alle bemängelten, ist die zunehmende Bürokratisierung. Superintendent Oliver Günther fasste das Anliegen der kirchlichen Träger zusammen: „Unser Wunsch ist es, dass vom Land mehr Geld ins System gebracht wird, um Kirche in die Lage zu versetzen, weiter ihrer Verantwortung nachzukommen.“ Der evangelische Kirchenkreis muss derzeit etwa eine Million Euro aus Kirchensteuermitteln aufwenden, um den Eigenanteil an den Kitas zu finanzierten. „Damit stoßen wir an unsere Grenzen“, so der Superintendent.
Lob für die kirchlichen Träger
Thorsten Schick hörte sich die Schilderungen aufmerksam an und fragte immer wieder nach konkreten Beispielen, die er für die Gespräche mit den Experten beim Land mitnehmen könne. Die Dringlichkeit und Bedeutung sei der Landesregierung durchaus bewusst, jedoch sei die Lage auch kompliziert, da es eben viele Träger und viele unterschiedliche Perspektiven gebe. Auch das Land stehe, genau wie die Kommunen, vor enormen finanziellen Herausforderungen. Dennoch finde eine Priorisierung in diesem Bereich statt und Kitas wie Schulen seien von Kürzungen ausgenommen. Während seiner ersten Amtszeit im Landtag von 2005 bis 2010 sei zum ersten Mal die Marke von einer Milliarde Euro für den Kita-Bereich erreicht worden, zuletzt wurde der Etat von 5,1 noch einmal auf 5,6 Milliarden Euro erhöht. Nur mehr Geld in das System zu stecken, sei keine Lösung, so Schick, denn damit stiegen auch die Trägeranteile. Deshalb müsse bei der Revision des KiBiz darauf geschaut werden, wie das System überarbeitet und Mittel besser verteilt werden könnten. Er sei dankbar für den offenen Austausch, lobte die Arbeit der kirchlichen Träger und versprach: „Der Politik ist es wichtig, dass Sie im System bleiben.“
Bildzeile: Superintendent Oliver Günther (3 v.r.) hat den NRW-Landtagsabgebordneten Thorsten Schick (4. vl.l) und die Vertreter:innen der kirchlichen Kita-Träger ins Haus des Kirchenkreises eingeladen.
Originalmeldung und Foto: Tim Haacke / Referent für Öffentlichkeitsarbeit Ev. Kirchenkreis Iserlohn