Diakonie Mark-Ruhr
Diakonie

Mit Beratung den Weg aus prekären Arbeitsbedingungen schaffen


Werdohl. Ein Stundenlohn von 4,50 Euro und eine tatsächliche Arbeitszeit, die weit über dem vertraglich vereinbarten Rahmen abverlangt wurde. Und dann gab es auch noch eine Kündigung aus fadenscheinigen Gründen. Genau mit solch einem Fall hat sich Beate Ben Halima von der Diakonie Mark-Ruhr auseinandergesetzt. Sie leitet die Beratungsstelle Arbeit der Diakonie Mark-Ruhr am Standort Werdohl.

Die Beratungsstellen Arbeit führen zum einen die Angebote der bisherigen Erwerbslosenberatungsstellen fort. Darüber hinaus hat die nordrhein-westfälische Landesregierung seit diesem Jahr ein neues Förderkonzept initiiert. Wesentliche Neuerung: ein weiterer Schwerpunkt ist die Beratung von Menschen, die von Arbeitsausbeutung betroffen sind. „Als ausbeuterisch sind Beschäftigungsverhältnisse einzuordnen, bei denen vorgeschriebene – gerechte und angemessene – Arbeitsbedingungen umgangen werden, zum Beispiel durch die Umgehung des gesetzlichen Mindestlohns, Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz oder fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall“, erläutert Beate Ben Halima. „Wir möchten Orientierung, Beratung und Begleitung geben und sind als Anlaufstelle offen für alle ratsuchenden Menschen, die von Arbeitslosigkeit, prekärer Beschäftigung oder Arbeitsausbeutung betroffen oder bedroht sind.“

Die Nachfrage am erweiterten Beratungsschwerpunkt sei da – „auch in Werdohl“, kommt Beate Ben Halima auf das eingangs erwähnten Beispiels zurück. Die Hilfesuchende sprach bei ihrer Ankunft in Deutschland kein Deutsch und verfügte über keine in Deutschland verwertbare Ausbildung. „Den Minijob fand sie nur mit viel Glück, es war dort eine Person beschäftigt, mit der sie sich verständigen konnte. Eine andere Arbeitsmöglichkeit konnte sie zu diesem Zeitpunkt nicht finden, sie war vollkommen abhängig von ihrem Arbeitgeber und hatte keine Möglichkeit, sich zu wehren oder ihre Arbeitnehmer*innenrechte durchzusetzen, die sie ohnehin kaum kannte.

Dass sie für viel zu wenig Lohn arbeitete, war ihr klar, doch beispielsweise ihr Urlaubsanspruch o. ä. waren ihr nicht bekannt.“ In die Beratungsstelle fand sie durch Zufall. „Sie traf jemanden, die sich ebenfalls schon hatte beraten lassen und die Beratungsstelle weiterempfahl.“

Zum Zeitpunkt ihres Termins in der Beratungsstelle Arbeit lebte die Klientin mit ihren beiden Söhnen bereits seit Monaten ausschließlich vom Kindergeld der beiden Jungen, ihr Vermieter hatte ihnen wegen der Mietrückstände bereits mit der fristlosen Kündigung gedroht, so dass sie sich von einer Bekannten Geld lieh, um ihm wenigstens eine Miete bezahlen zu können. „Solche Fälle kommen immer wieder vor, wir helfen bei wirtschaftlichen, psychosozialen und sozialrechtlichen Fragen und eröffnen Wege zu weiteren Hilfeangeboten und stellen die erforderlichen Kontakte her“, so Beate Ben Halima.

Gemeinsam mit der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe als Fördermittelgeber hat die Diakonie Mark-Ruhr ein flankierendes Projekt entwickelt. Dieses soll die Berater*innen der Beratungsstellen Arbeit während der Förderphase 2021 bis 2022 unterstützen, den neuen Beratungsauftrag in der Praxis zu gestalten. Der Projekttitel lautet „Fachübergreifendes Ressourcenmanagement“, kurz „FaRm“. „Im Projekt werden Erfahrungen aus den Bereichen ‚Hilfe in Arbeit‘ und ‚Migration und Integration‘ gebündelt, Netzwerksynergien erprobt und nützliche Materialien entwickelt. Die gewonnenen Ergebnisse werden auch für andere diakonische Beratungseinrichtungen als Handlungshinweise zum Vergleich und zur Reflexion bereitgestellt“, berichtet das Projektteam „FaRm“, das an drei Standorten der Diakonie Mark-Ruhr in Hagen, Iserlohn und Werdohl vertreten ist, über die Vorteile für Rat- und Hilfesuchende durch die enge Vernetzung.

Hintergrundinformation:

  • Mit den Beratungsstellen Arbeit stehen für Menschen ohne Arbeit oder in schwierigen Beschäftigungssituationen fachlich qualifizierte Beratungsangebote bereit. Die Beratungsstellen Arbeit sind ortsnahe und professionelle Anlaufstellen, die behördenunabhängige Unterstützung, Beratung und Begleitung bieten.
  • Die ESF-kofinanzierten Beratungsstellen Arbeit führen seit Januar 2021 die Leistungen der Erwerbslosenberatungsstellen fort und greifen daneben die Beratung gegen Arbeitsausbeutung neu auf.
  • Die Beratungsstellen Arbeit beraten kostenfrei und vertraulich unabhängig von Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder der sexuellen Orientierung.
  • Die Beratungsstellen Arbeit sind ein zentraler Bestandteil des landesweiten Beratungsnetzwerkes gegen Arbeitsausbeutung. Hierfür kooperieren die Beratungsstellen u.a. mit den bestehenden landes- und bundesgeförderten Beratungsprojekten für Arbeitnehmerfreizügigkeit, faire Mobilität und faire Integration sowie mit lokalen Netzwerkpartnern.